Alte Straßen als neue Wege fürs Bikepacking
Überall in Europas Wäldern und Feldern schlummern malerische alte Straßen. Angelegt wurden sie teils bereits von den Römern. Sie dienten einstmals als Wege für Pilger, oder dienten als Post-, Handels- oder Militärstraßen. Diese Straßen waren einmal lebendige Verbindungen zwischen Orten. Mit dem Bau von Bahn- und Autoinfrastruktur verloren sie jedoch ihre Funktion. Nun warten sie darauf von uns wiederentdeckt zu werden.
Auf geschmeidigen Breitreifen sind diese verwunschenen alten Wege oft eine wunderbare Möglichkeit, in den Spuren der Geschichte über große Distanzen und fern von Autos zu reisen.
Der Bernauer Heerweg ist eine dieser alten Straßen. Wir haben ihren Verlauf zwischen der Burg (später Zitadelle) Spandau und dem Stettiner Hafen in detektivischer Kleinarbeit, mithilfe von Fachliteratur, georeferenzierter alter Karten und Überlieferungen rekonstruiert. Erkunde ihn nun mit uns!


Die Geschichte der Heerstraße
Die Bernauer Heerstraße verband im Mittelalter die Burg Spandau mit der Stadt Bernau und den Burgen des Barnims sowie dem Ostseehafen Stettins. Berlins Stadtgründung dagegen datiert erst später.
Die Heerstraße war seit dem 13. Jahrundert darauf ausgelegt, dass berittene Heerscharen auf ihr Tagesetappen von ca. 40km zurücklegen konnten. Die Stadt Bernau entstand überhaupt erst als Etappenstandort zwischen Spandau und dem Barnim: hier konnten Pferde ausruhen, gefüttert und getränkt werden. Handelstreibende, Pilger und Postkutschen nutzten diesen Weg und über ihn gelangte später das berühmte Bernauer Bier nach Berlin. Die Entstehung der Straße ist im Kontext der hochmittelalterlichen Einwanderung deutschsprachiger Siedler in die östlichen Randgebiete des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation, der sogenannten Ostsiedlung, zu sehen. Teilweise handelte es sich hierbei um eine gewaltsame Missionierung vormals vorwiegend slawisch und baltisch bewohnter Gebiete, teilweise um eine friedliche Besiedlung, was die Übernahme von Infra- und Rechtstrukturen des Reichs beinhaltete.
Die Landnahme wurde dabei besonders vom Geschlecht der Askanier und Albrecht dem Bären vorangetrieben, der sich ab diesem Zeitpunkt ‚Markgraf von Brandenburg‘ nannte. Ausgangspunkt seiner Feldzüge war die Burg Spandau. Sein strategisches Ziel war die Odermündung. Diese war nicht nur militärisch interessant, sondern erschloss vor allem den einträglichen Ostseehandel rund um die Hansestadt Stettin. Der Bernauer Heerweg verband beide Punkte miteinander. Burgen wie in Biesenthal sicherten zudem das Einflussgebiet.

Literatur
Fritze, Konrad; Müller-Mertens, Eckhard; Schildhauer, Johannes (Hg.): Hansische Studien. 5, Weimar 1981.
Gemeinde Panketal (Hg.): 100 Jahre Hobrechtsfelde. Online unter https://digital.zlb.de/viewer/resolver?urn=urn:nbn:de:kobv:109-opus-136097, Zugriff zuletzt 15.08.2020.
Herrmann, Joachim: Der „Barnim“ und Berlins Weg zum baltischen Meer am Ende des 12. und in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, in: Hansische Studien. 5, hg. von Konrad Fritze, Eckhard Müller-Mertens und Johannes Schildhauer, Weimar 1981 (Abhandlungen zur Handels- und Sozialgeschichte), 29–40.
Hoppe, Willy: Die Mark Brandenburg, Wettin und Magdeburg. Ausgewählte Aufsätze, Köln, Graz 1965.
Rainer Horn: Wissenswertes am Wegesrand, in: MOZ.de, 5/2/2014.
Kuntzemüller, Otto: Urkundliche Geschichte der Stadt und Festung Spandau von Entstehung der Stadt bis zur Gegenwart, Berlin-Spandau 1881.
Materna, Ingo; Adamy, Kurt (Hg.): Brandenburgische Geschichte. Berlin 1995.
Mundt, Hans: Die Heer- und Handelsstrassen der Mark Brandenburg vom Zeitalter der ostdeutschen Kolonisation bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, Berlin 1932.
Ribbe, Wolfgang (Hg.): Geschichte Berlins, Berlin 2002.
Schultze, Johannes; Vogel, Werner (Hg.): Die Mark Brandenburg, Berlin 2011.
Bildnachweis
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Karte_von_Berlin_und_Umgebung_(1922)_in_12_Bl%C3%A4ttern_III_Bernau.jpg (gemeinfrei, da Urheberechte erloschen)